Die Spezielle Relativitätstheorie (SR) beschreibt
die relative Bewegung von Bezugs- oder Koordinatensystemen, wobei von einer wesentlichen
Einschränkung ausgegangen werden muss. Diese Bezugssysteme sind Inertialsysteme (Inertialsysteme
= nicht – beschleunigte Bezugssysteme). Diese speziellen Koordinatensysteme sind
also dadurch ausgezeichnet, dass ein Körper in ihnen ruht oder sich mit
konstanter Geschwindigkeit bewegt. In der AR wird diese Einschränkung
fallen gelassen. Dort werden auch beschleunigte Systeme betrachtet, insbesondere
die, welche durch Gravitationsfelder hervorgerufen werden. Im Grunde ist die
Vorgehensweise zunächst mit der SR zu beginnen und dann in die AR
zu münden die falsche, da mit der AR die SR sozusagen gratis
mitgeliefert wird. Einstein ging jedoch auch den Weg von der SR zur AR,
aus nur allzuverständlichen Gründen. Die AR war und ist nur mit einem
weitaus umfangreicheren mathematischen Equipment zu knacken. Wenn die SR
mit einem mathematischen Werkzeugkofer bewältigt werden kann, dann benötigt
man für die AR die gesamte Werkstatt. Aber nicht nur mathematische
Verständnisschwierigkeiten knebelten Einsteins Geist, sondern bedeutende
Grundsatz- und Verständnisfragen. Bevor wir uns jedoch Einsteins Gedanken zur SR
widmen noch
kurz ein paar Worte zur „alten“ Mechanik von Newton und Galilei. Damit es keine Missverständnisse
gibt, Newton und Galilei wohnte ein leuchtender wissenschaftlichen Geist inne,
der mit Recht in einem Atemzug mit Einstein Namen genannt werden darf. Also, betrachten wir
zwei Koordinatensysteme (Inertialsysteme) S und S', wobei sich S' relativ zu S
mit der Geschwindigkeit v in x-Richtung vortbewegt.

Die Galilei-Trafos lauten:

Die Galilei-Transformationen sahen eine absolute Zeit vor, also

Oder mit anderen Worten, alle Uhren gehen überall gleich. Wir senden im Ursprung von S einen Lichtimpuls aus, wenn S und S' deckungsgleich sind. Man sieht schnell,
dass sich die Geschwindigkeiten „einfach“ addieren, denn


Aufgrund der inertialsystemunabhängigen Konstanz der Lichtgeschwindigkeit im Vakuum, machte
Einstein zur Entwicklung der Lorentz-Transformationen folgenden Ansatz:
1) Die Lichtgeschwindigkeit hat in jedem Bezugssystem denselben Wert
2) Die Lorentztransformationen sind lineare Koordinatentransformationen
3) Als Grenzfall kleiner Geschwindigkeiten gegenüber der Lichtgeschwindigkeit c ergeben sich die Galilei-Transformationen
1) haben wir geklärt. Zu Punkt 2): nicht-lineare Transformationen ergäben beschleunigte Bezugssysteme (man denke z.B. an die gleichmäßig beschleunigte Bewegung

die bekanntlich quadratisch in der Zeit ist). Punkt 3) ist für die Seriösität
einer Theorie von entscheidender Bedeutung, denn ein neues Theoriegebäude ist
nur dann einen Pfifferling wert, wenn sie
a) bisher nicht erklärbare Effekte zu erklärbare macht (aber nicht
unbedingt zu verstehende)
b) alte Theorien in ihrem Gültigkeitsbereich mit einschließt
Es gibt unzählige verwirrte wissenschaftliche Geister, die gerne ein wenig
Einstein wären und wilde Theorien in die Welt setzen, ohne sich über die Erfüllung
beider Punkte (oder auch nur eines Punktes) Gedanken zu machen. Die
Galilei-Transformationen sind durchaus richtig bzw. eine sehr sehr gute
Näherung, wenn man nur Geschwindigkeiten zulässt, die wesentlich kleiner als c
sind. Also in die Hände gespuckt. Wir gehen von denselben Koordinatensystemen wie im Bild
oben beschrieben aus, nur dass wir nun den folgenden allgemeineren Ansatz
machen:




Aufgabe ist es nun, die konstanten Koeffizienten a
ik zu bestimmen. Da die
obigen Gleichungen für alle Zeiten und Orte gelten, kann man zur Festlegung der
Koeffizienten von speziellen Situationen ausgehen und die dadurch gefundenen
Ergebnisse wieder in den allgemeinen Ansatz einsetzen.
Wir wollen die Bewegung des Koordinatenursprungs von S' in S betrachten, also x'=0. Zu einem
bestimmten Zeitpunkt

= 0 fallen
die beiden Koordinatensysteme im Ursprung zusammen, also

= 0.
Setzen wir dies oben ein, erhält man

also müssen wir uns nur noch mit
(1)
(2)
herumschlagen. Kommen wir zum 2. Spezialfall. Wir
wollen weiterhin speziell die Bewegung des Koordinatenursprungs von S' in S betrachten, d.h. wir setzen x'=0 (das ist ja gerade der Ursprung
von S', d.h. genauer, wenn auch gilt y'=0 und z'=0. Der Ursprung von S' bewegt sich also aus der Sicht von S in positiver x-Richtung
(siehe Bild oben). Lassen sie sich ruhig ein paar Millisekunden Zeit die Dinge gründlich zu verstehen, bevor sie zu ungeduldig fortfahren. Wir erhalten also die Gleichung

Daraus folgt blitzartig

und wir erhalten für Gleichung (1)
(3)
Der Ursprung von S' bewegt sich in S ja gerade mit v. Da beide
Systeme gleichberechtigt sind, erhalten wir die Transformation von x einfach, in
dem wir v durch –v ersetzen, denn aus der Sicht von S' bewegt sich S mit v in negativer
x-Richtung.
(4)

Viel ist nicht mehr zu tun. Kommen wir zum 3. Spezialfall. Wir gehen wieder von I. aus, beide Koordinatensysteme fallen zu oben
genannten Zeitpunkt zusammen. In diesem Moment soll im gemeinsamen Ursprung ein
Lichtblitz ausgesandt werden. Da die Lichtgeschwindigkeit überall denselben Wert hat,
breitet sich das Licht sowohl in S als auch in S' mit c aus, also:


Für (3) und (4) bedeutet das


Fasst man beide Gleichungen zusammen, so erhält man nach kurzer Rechnung für den Koeffizienten
(5)
und damit entgültig für (3)
(6)
Die Transformationsgleichung für t' erhält man z.B.,
wenn man (4) nach t' auflöst und die Ergebnisse für a
11 und x'
verwendet (das schöne an dieser hier nicht durchgeführten Rechenübung ist,
dass man das Ergebnis bereits kennt, also Bleistift gewetzt und los). Fassen wir die Lorentztransformationen noch einmal
zusammen:




oder




Jetzt bleiben noch zwei spannende Fragen offen. Wie steht es mit Galilei? Es sieht jeder mit einem wenig scharfen Blick, wie sich
die Lorentztransformationen in die von Galilei verwandeln, wenn wir annehmen, dass die Geschwindigkeit v wesentlich kleiner als die Lichtgeschwindigkeit c sein soll. Dann ist die berühmte Wurzel

nur wenig von 1 verschieden, also:

und

Wie wenig von 1 verschieden zeigt das folgende Beispiel.
Die maximal erreichbaren Geschwindigkeiten auf der Erde sind einige Kilometer
pro Sekunde, sagen wir v = 3 km/s. Die Lichtgeschwindigkeit beträgt ca. c = 300
000 km/s. Also erhält man für v/c den Wert von 1/100 000. In den
Taschenrechner gehackt ergibt das für die Wurzel:
= 0,99999999995
Ich hoffe, ich habe nicht bei den Neunen
vertan. Die Abweichung von der 1 ist also äußerst gering. Die weitaus spannendere
Frage ist, welche neuen Konsequenzen
sich aus den Lorentztransformationen ergeben. Dazu mehr in späteren Kapiteln.